Weihnachten 1965. Als endlich das Glöckchen klingelt und er ins Wohnzimmer darf, steht da diese Fallerbahn: mit Brücken und Bächen und die Kreuzung in der Mitte mit einer richtigen Ampel, die regelmäßig von Rot auf Grün wechselt. Und zwei Autos, ein dunkelgrüner VW-Käfer und ein weißer Krankenwagen-Bulli drehen ihre Runden.
Vater zeigt ihm, wie man mit der Fernbedienung die Autos steuert, sie an der Ampel stoppt und bei Grün wieder anfahren lässt. Und dann, es ist ja schon dunkel, sagt er lächelnd: „Und jetzt pass mal gut auf!“ Drückt einen Schalter neben der Bahn und in all den Häusern um die Fallerstraße herum geht das Licht an. Leben in der Stadt!
Und der Junge fährt den Käfer und den Bulli, wartet an der Ampel brav auf Grün, schaltet in den Häusern das Licht an und aus, wechselt zwischen Tag und Nacht.
Dann schaut er zu den Eltern. Mutter lächelt und er fühlt, es ist ein wunderschönes Weihnachten.
Vater hat wieder ein Glas Wein in der Hand, er ist müde. Irgendwie schaut er über die Fallerbahn hinweg oder durch sie hindurch. Der Junge sagt leise „Vater“. Vielleicht will er ja auch noch mal die Autos fahren lassen.
Seine Mutter lächelt ihm zu. Er lässt die Fernbedienung los, die Autos stehen und legt sich in Mutters Arme. Von da aus beobachtet er, wie die Ampel immer wieder von rot auf grün wechselt und zurück. Und er hört Mutters Du weißt doch.
So sitzt er da, an Weihnachten 2023. Seine Mutter hat er vor ein paar Minuten angerufen, doch er ist sich nicht sicher, ob sie ihn am Telefon erkannt hat. Im neuen Jahr wird er wieder mal nach Hause fahren.
Die Flasche Rotwein ist mittlerweile leer. Und am Ende ist er froh wie jedes Jahr, nicht geheiratet zu haben.
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