©Joerg Schaffelhofer, Lyrik und Prosa

Monat: November 2024

Glück

Kippe den Kurzen runter, das Bier geht nicht mehr. Da vorn an der Theke irgendwo der Wirt im Nebel, spült er schon die letzten Gläser? Ein Schluck Bier geht dann doch noch…

… klingelt was, das Handy am Tisch nebenan. Von dem, der schon vor ´ner Stunde auf Toilette ist. Und das klingelt und klingelt…
Der Wirt ruft was, das Bier geht nicht mehr, verdammt…

… und das Handy klingelt. Ich greif‘ rüber, mein Stuhl wackelt, bin ich gewohnt und fange mich. Tippe auf Grün, nicht nur einmal, doch dann…

Wo bleibst du versoffenes Schwein? Deine Tochter schreit nach dir, hörst du?
Ich höre.
Geh zum Teufel, verdammt!

…lege das Handy zurück, da kommt der Andere gerade, bleich wie der Tod, weiß von nichts.

Bier geht nicht mehr, der Wirt schließt schon ab, bringt mir den letzten Kurzen.

Ich schaue rüber zu dem Anderen. Frau und Kind, hat der ein Glück!

Die Stadt

Am Morgen in der Stadt. Tische und Stühle stehen beschirmt in der Sonne. Wie früher. So waren unsere Sommer.

Leute sitzen bei Kaffee, meist ältere Herren, schauen verträumt jungen Damen hinterher. Als Junge bin ich täglich hier vorbeigelaufen und wenn es warm wurde, dann saßen dort die Opas. Irgendwie ist alles immer noch so wie früher.

Wäre ich damals in der Stadt geblieben, ich würde wohl heute auch hier sitzen. Stattdessen passiere ich stumm das Café Marie. Schaue in manches Gesicht, das mich an etwas erinnert. Aber mir fehlen die Bilder dazu. Die habe ich im Lauf der vielen Jahre verloren.

Und ich gehe weiter, vorbei an diesen Tischen in der Sonne. Als Fremder. Ein wenig tut es weh.

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